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Drag_Lesung: OB und CSD erklären sich

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OB Reiter entschuldigt sich und stützt ausdrücklich die Community

Am Vormittag des 9. Mai fand im Münchner Rathaus ein Gespräch zwischen den CSD Veranstalter-Vereinen (Münchner Aids-Hilfe, Sub, LesCommunity, Rosa Liste, diversity München, der CSD GmbH) und Oberbürgermeister Dieter Reiter statt. Thema war die umstrittene Drag-Lesung in der Stadtbibliothek München Bogenhausen, die vor allem seitens konservativer und rechter Politiker_innen auf wütende Kritik stieß. Auch OB Dieter Reiter hatte sich anfangs zu einem missverständlichen Statement ("Ich würde mit meinen Enkeln nicht hingehen") hinreißen lassen. Diese Aussage sollte nun korrigiert werden.

In freundlicher Atmosphäre legten beide Seiten ihre Wahrnehmungen zur Diskussion um die Drag-Lesung dar. Dabei betonte Oberbürgermeister Dieter Reiter nochmals, dass zu keinem Zeitpunkt ein Verbot der Veranstaltung zur Debatte gestanden hatte, die Vertreter*innen der Community machten ihrerseits deutlich, dass sie Reiter keine Änderung seiner Haltung bezogen auf die queere Szene unterstellt hatten. Es herrschte Einigkeit darüber, dass die Äußerung des Oberbürgermeister politisch instrumentalisiert worden ist. Ferner bestand Konsens darüber, dass die Debatte der letzten Tage leider noch immer bestehende Ressentiments und Diskriminierung gegenüber der queeren Community zu Tage gefördert hatte.

„Es wird jede Gelegenheit genutzt, um Hetze zu verbreiten"

Miriam Vath, LesCommunity e.V., und Tobias Oliveira Weismantel, Münchner Aids-Hilfe e.V.: „Die in der Drag-Lesung verwendeten Kinderbücher bieten eine altersgerechte Möglichkeit, sich dem Thema der Geschlechterrollen zu nähern.  Ein Thema, welches auch Kinder in diesem Alter bewegt. Seit Jahren nehmen die Anfeindungen und Angriffe gegen LGBTIQ* zu und es wird jede Gelegenheit genutzt, um Hetze zu verbreiten. Dabei wird der Begriff 'Frühsexualisierung' als Kampfbegriff der rechten Szene massiv gegen LGBTIQ* in Stellung gebracht. Die gesamte Community wird dadurch diffamiert. Die Gefährdung von jungen Menschen geht nicht von einer harmlosen Drag-Lesung aus sondern von der Hetze und den Abwertungen, die von den Gegnern der Community verbreitet werden.“

OB Reiter entschuldigt sich und stützt die Community

OB Dieter Reiter: „Mir ist unsere Münchner Community wichtig, das habe ich nicht nur durch meine Präsenz am CSD, sondern vor allem durch meine Politik in den letzten Jahren immer wieder unter Beweis gestellt. Mir war nicht bewusst, dass meine Äußerung eine solche Auswirkung in die Community hinein haben würde und dass ich damit auch Menschen verletzt habe. Das war nie meine Absicht und tut mir leid (...) Ich stehe an der Seite der Community, sie ist ein fester Bestandteil und Ausdruck unseres vielfältigen und bunten Münchens.“

Die „Drag-Affäre“ zieht unterdessen weiter Kreise

Damit dürften zwar Missverständnisse rund um Dieter Reiter ausgeräumt und der OB aus der Schusslinie genommen sein, die Causa „Drag-Lesung“ ist aber noch lange nicht beendet. Denn die Kritik an der Lesung mit Vicky Voyage, Eric BigClit und der trans* Jungautorin Julana Gleisenberg zieht weiter Kreise. Mittlerweile schaltete sich auch Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ein und sah in der Veranstaltung „Kindswohlgefährdung und ein Fall fürs Jugendamt“. CSU-Generalsekretär Martin Huber forderte die Landeshauptstadt auf, die Veranstaltung zu stoppen: „Nein zur Indoktrinierung von Kleinkindern mit woker Frühsexualisierung!“, so der 45-Jährige. Initiatorin Vicky Voyage hingegen sieht in der Lesung einen Beitrag für Toleranz, Identität und Diversität, der mit Sex gar nichts zu tun habe – eine Meinung, die unter anderem von den Münchner Grünen, der Linken und nicht zuletzt den CSD-Vereinen geteilt wird. Der Verdacht liegt nahe, dass das Thema im Zuge des Landtagswahlkampfs instrumentalisiert wurde, schließlich ist es nicht die erste Veranstaltung dieser Art, auch nicht in München. Ob sich vor der Stadtbibliothek Bogenhausen am 13. Juni Protestgruppen formieren, ob sich Eltern mit ihren Kindern in den Saal wagen, oder ob sich bins dahin die Aufregung wieder gelegt hat, bleibt abzuwarten.

Foto: Michael Nagy/Presseamt