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"Jeder_r Drogentote ist eine_r zuviel"

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"Die bayerische Politik muss andere Wege gehen"

Jeder Drogentotengedenktag ist ein trauriger Tag. Im Jahr 2017 sind 1272 Menschen in Deutschland an den Folgen ihrer Abhängigkeit von illegalen Stoffen gestorben. Die Zahlen sind zwar leicht gesunken und trotzdem ist jede_r Drogentote einer oder eine zu viel. Menschenleben könnten durch eine andere Drogenpolitik gerettet werden. Dazu braucht es aber die Bereitschaft der Politik niedrigschwellige Hilfen weiter auszubauen.

Insbesondere in Bayern erleben wir einen großen Widerstand alternative Wege zu gehen.

Beim Thema Naloxon zum Beispiel, reichen Modellprojekte nicht aus. Es braucht die Aufhebung der Verschreibungspflicht sowie die Ausstattung von Konsumierenden und potenziellen Ersthelfer_innen mit dem einfach anwendbaren Präparat. 707 Menschen sind 2017 an einer Heroin –oder anderen Opiod-Überdosierung gestorben. Naloxon ist ein Notfallmedikament, das Leben retten kann. Wir brauchen einen flächendeckenden Zugang zu Naloxon.

Es fehlt auch an niedrigschwelligen Hilfen wie Drogenkonsumräume und Drug –Checking. In Bayern sind solche Forderungen ein Tabu. Und doch so notwendig, wenn es darum geht erfolgreiche Maßnahmen zu ergreifen.

Drogenkonsumräume mit medizinscher Hilfe, sauberen Konsumbedingungen zur Vermeidung von HIV – und Hepatitisinfektionen sind notwendige Angebote für suchtkranke Menschen und helfen Drogentod zu verhindern. In 6 Bundesländern gibt es solche Räume. Ich würde mir wünschen, dass auch Bayern und insbesondere die CSU hier Farbe bekennt und sich für diese Hilfsmaßnahmen offen zeigt.

Drug-Checking, d.h. eine Art Qualitätskontrolle von Drogen zur Vermeidung von Überdosierung und Vergiftungen, ist rechtlich nicht abgesichert und in Deutschland von daher nicht möglich. Doch haben wir eigentlich mit dem Bayerischen Reinheitsgebot eine jahrhundertelange Erfahrung in Bezug auf die Qualitätskontrolle von psychoaktiven Substanzen und der Strategie, Menschen davor zu schützen sich durch den Konsum falsch gebrauter Rauschmittel zu schädigen. Solch ein Kontrollsystem wie Drug-Checking ist es eine weitere Maßnahme, um Menschenleben zu retten und wird in unseren europäischen Nachbarländern wie Schweiz und Österreich als erfolgreiche Präventionsstrategie angewendet.

Mehr als 6000 Menschen sitzen in bayerischen Haftanstalten, die gegen niemand Gewalt verübt haben, aber mit Drogen Umgang hatten. Die Sinnhaftigkeit suchtkranke Menschen in Gefängnisse zu sperren möchte ich hier nicht im Einzelnen erörtern. Klar ist, dass man Drogenprobleme nicht mit strafrechtlicher Verfolgung von Konsumierenden löst.

Es gibt immer noch eine ungleiche Versorgung suchtkranker Häftlinge im Strafvollzug. Dort sitzen viele Menschen, die mit HIV und dem Hepatitis C-Virus infiziert sind. Es stehen aber keine sauberen Spritzen zur Verfügung, selbst Kondome sind nur schwer zugänglich. Eine medizinische Behandlung von opiatabhängigen Häftlingen mit Methadon ist nicht flächendeckend gewährleistet. In Bayern sind viele suchtkranke Menschen im Strafvollzug von der „Gnade“ der jeweiligen Gefängnisärzt_innen abhängig. Selbst wenn vor Haftantritt subsituiert wurde, heißt das noch lange nicht, dass dies im Strafvollzug weiter geschieht, wenn die behandelnde, medizinische Abteilung dies nicht für angemessen erachtet.

Viele Drogentote sind Häftlinge, die kurz nach Entlassung an einer Überdosis sterben, da sie durch eine Zwangsentgiftung in Haft, ihre übliche Dosis nicht mehr vertragen. Substitution ist eine medizinische Behandlung einer Opiatabhängigkeit und sollte allen suchtkranken Menschen, die von Opiaten abhängig sind, uneingeschränkt und durchgängig zugänglich sein. Eine Weiterbehandlung in Haft von daher kein Ermessensentscheid.

Wir als Münchner Aids-Hilfe kämpfen immer noch  für eine flächendeckende, medizinische Versorgung suchtkranker Menschen in den bayerischen Gefängnissen und wir kämpfen für Hilfe statt Strafe.

Es ist höchste Zeit, dass sich auf diesem Gebiet in Bayern etwas grundlegend ändert.

Ich wünsche mir nun wieder- wie letztes Jahr - eine Politik, die bereit ist andere Wege zu gehen. Und kann euch allen nur empfehlen zur Wahl zu gehen und abzustimmen für eine akzeptierende, vielfältige Gesellschaft, die die Bedürftigen nicht im Stich lässt.

"Wir fordern Hilfen statt Strafen"

Kontakt: Beratungsstelle der Münchner Aids-Hilfe e.V.
Irena Wunsch | +49 89 54333-114 | irena.wunsch@muenchner-aidshilfe.de